Wusstet ihr, dass es mehrere Bilanzen zu jedem Stichtag geben kann? Zwei dieser Varianten sind die Handelsbilanz und die Steuerbilanz. Die Handelsbilanz richtet sich nach dem Handelsrecht (HGB), während die Steuerbilanz hiervon abweichen kann. Nicht alles, was nach HGB erlaubt ist, ist auch im Rahmen der Steuergesetze erlaubt.
Was haben Handels- und Steuerbilanz mit der Nutzungsdauer und Abschreibung zu tun?
Je nachdem, welches Regelwerk zugrunde gelegt wird, können unterschiedliche Grundsätze gelten. Sowohl im Handelsrecht als auch im Steuerrecht spielt die Nutzungsdauer eine zentrale Rolle. Sie bestimmt, wie lange ein Gut voraussichtlich wirtschaftlich nutzbar ist und wie die Kosten auf wie viele Jahre verteilt werden. Hier erfahrt Ihr, was eine Nutzungsdauer ist, wie sie ermittelt werden kann und welche beispielhaften Güter eine Nutzungsdauer haben können.
Was ist die Nutzungsdauer?
Die Nutzungsdauer bezeichnet den Zeitraum, in dem ein Gut voraussichtlich verwendet werden kann, bevor es ersetzt oder verschrottet werden muss. Sie gibt an, wie lange das Investitionsgut in der Regel seinen Dienst leisten kann.
Wie wird die Nutzungsdauer berechnet?
- Ermittlung der Nutzungsdauer: Die Nutzungsdauer bezieht sich auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer kann anhand von Erfahrungswerten, Herstellerangaben oder anderen Quellen festgelegt werden. Als anerkanntes Regelwerk dienen hier die AfA-Tabellen (AfA bedeutet Absetzung für Abnutzung). Diese können auf der Seite des Bundesfinanzministeriums eingesehen werden. Die Nutzungsdauer kann ein Mittel für wirtschaftliche Anreize sein. Zum Beispiel wurde während der Corona-Pandemie die Nutzungsdauer für Computer auf 1 Jahr herabgesetzt, während sie zuvor lt. AfA-Tabelle bei 3 Jahren lag.
Warum kann dies die Investition in Computer fördern?
Liegt die Nutzungsdauer bei einem Jahr, bedeutet dies, dass die Anschaffungskosten des Gutes innerhalb eines Jahres als Kosten angerechnet werden können.
Wenn der Gewinn vor der Anschaffung z.B. 1.000 Euro beträgt und das Gut 100 Euro kostet, beträgt der Gewinn nach Anschaffung (bei einer Nutzungsdauer von einem Jahr) 1.000 Euro – 100 Euro = 900 Euro. Läge die Nutzungsdauer bei z.B. zwei Jahren, wäre der Gewinn 1.000 Euro – (100 Euro / 2 Jahre) = 950 EUR pro Jahr. Der Gewinn wäre bei einer höheren Nutzungsdauer also höher, weil die Kosten nicht vollständig innerhalb eines Jahres anrechenbar sind.
- Abschreibungsmethoden: Um die Kosten eines Gutes über die Nutzungsdauer zu verteilen, können verschiedene Abschreibungsmethoden angewendet werden. Je nachdem, ob handelsrechtlich oder steuerrechtlich abgeschrieben wird, sind unterschiedliche Methoden zulässig:
- Lineare Abschreibung: Hierbei wird der Anschaffungswert gleichmäßig über die Nutzungsdauer verteilt. Beispiel: Eine Maschine, die 1.200 Euro gekostet und eine Nutzungsdauer von 4 Jahren hat, wird jährlich mit 300 Euro abgeschrieben (1.200 Euro / 4 Jahre).
- Degressive Abschreibung: Bei dieser Methode wird zu Beginn ein höherer Wertverlust unterstellt als in späteren Jahren. Diese Methode ist besonders nützlich, wenn das Gut in den ersten Jahren schneller an Wert verliert, wie dies z.B. bei Neuwagen der Fall ist. Durch das Wachstumschancengesetz wurde die degressive AfA im Steuerrecht für bewegliche Wirtschaftsgüter unter bestimmten Voraussetzungen befristet wieder eingeführt (vgl. § 7 Abs. 2 EStG).
Es gibt weitere Methoden, die aber weniger praktische Anwendung finden oder aufgrund von Gesetzesänderungen abgeschafft wurden.
Welche Güter fallen in diese Kategorie?
In die Kategorie der Güter mit Nutzungsdauer fallen viele verschiedene Arten von Wirtschaftsgütern, grundsätzliche alle Güter des Sachanlagevermögens (vgl. § 266 Abs. 2A.II. HGB) mit Ausnahme von Grundstücken, darunter:
- Büroausstattung: Hierzu gehören Computer, Drucker, Büromöbel und andere Büroeinrichtungen.
- Fahrzeuge: Autos, Lieferwagen, Lkw und andere Nutzfahrzeuge.
- Maschinen: Produktionsmaschinen, Werkzeugmaschinen und andere technische Geräte.
- Immobilien: Gebäude, Büroflächen und andere erworbene Immobilien.
Die Anwendung einer Nutzungsdauer setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut erworben wurde. Eine Anmietung von Büroräumen beispielsweise hat damit nichts zu tun.
Grundstücke werden nicht abgeschrieben, weil keine Abnutzbarkeit (Wertminderung) im Laufe der Zeit eintritt.
Fazit: Die präzise Berechnung der Nutzungsdauer und die korrekte Anwendung der Abschreibungsmethoden sind entscheidend für eine ordnungsgemäße Buchführung.
Habt ihr Fragen zur Nutzungsdauer oder zur Abschreibung? Lasst uns wissen, wie wir euch weiterhelfen können!